Weit über die Landesgrenzen bekannt ist die bäuerliche Weiß- und Trachtenstickerei der Schwalm. Historische Parallelen überzeugen, dass die Schwälmer Ornamentik aus dem überregionalen Ornamentikschatz des 16. und 17. Jahrhunderts stammt und sich in der Schwalm länger bewahrt hat als in anderen Gebieten.
Den großen Reichtum der Formen und lebendigen Sinnbilder, Symbolen und Fruchtbarkeitssymbolen finden wir immer wieder anders gestaltet in der Stickerei. Das Können und die Art sowie die Formen wurden von Generation zu Generation weiter vererbt. Nicht die Technik und Stichart ist als Volkskunst zu bezeichnen, sondern die Art, der Aufbau und die Häufung der immer wiederkehrenden Formen. Typisch sind der Stil und das Motiv der Schwälmer Stickereien, die ihre Zusammensetzung und die Bewahrung der alten Sinnbilder wie Lebensbaum, Herz und Blüte zum Ausdruck bringen. Vorwiegend die Tulpe, Grasnelke und Sonnen, verbunden mit Blättern und Ranken, aber auch Körbchen, Vasen, Vögel, Kreis und Sternformen finden wir in einem bunten Reigen, vereint zu einem schönen harmonisch geordneten Ganzen. Viele verschiedene Hohlsäume, Durchbrüche und Zierstiche zieren die Arbeit.
Die Techniken der Stickereien wiederholen sich ständig und bestimmen die Art der Stickerei. Die älteste Art ist aus dem Mittelalter übernommen worden. Davon sind uns nur noch sehr wenige Stücke erhalten, meist klösterliche Arbeiten. Mädchen aus dem Volk brachten ihre Handfertigkeit und volkstümliche Stickkenntnisse mit ins Kloster und konnten in der Abgeschlossenheit und unter fachlicher Unterweisung ihr Können zu wahren Kunstwerken steigern. Diese Technik finden wir in der Schwalm bis 1790.
Die Kunst der Stickerei war nach dem Verfall der Blütezeit am Ende des Mittelalters aus den Frauenklöstern in die bäuerlichen Bezirke abgewandert und dort auf dem groben Bauernleinen ausgeführt worden. Alle unsere alten Muster sind nicht etwa von den Frauen im Dorf erfunden, sondern sie sind als wanderndes Gut übernommen und weitergegeben worden. Das Motiv, Lebensbaum, Stern, Vögel, Hirsch, Herzen, Tulpen ja sogar Männlein und Weiblein und vieles andere mehr welches ursprünglich ganz im Röschenstich ausgeführt war, wurde im Stopfstich gearbeitet. Dadurch wurde die Arbeitszeit um die Hälfte verringert. Wir finden diese Technik bis 1860. In der jüngeren Zeit von 1860 an wurde dann auch der Grund anstelle des Röschenstiches durch den Grundstich ersetzt, was wiederum eine Vereinfachung bedeutete und zudem die Arbeit solider und dauerhafter machte. Diese Technik hat sich bis heute erhalten.
Ausgestellt sind in Vitrinen und an den Wänden Schwälmer Stickarbeiten, Musterbeispiele der verschiedenen Stiche und Säume, Strickmuster für Strümpfe, nach alten Originalen nachgezeichnete Stickereien für die blaugestärkten Parade-Taschentücher, für Tanzecken (viereckige Platten) und für die von Frauen und Mädchen zur Hochzeit getragenen „Brustlappen“.